Kontrolle
Kontrolle der Landesregierung
Wesentliches Merkmal des parlamentarischen Regierungssystems ist die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung. In der Praxis hat sich für die Kontrolle der Regierung durch das Parlament ein vielfältiges Instrumentarium herausgebildet. Davon seien beispielhaft folgende Möglichkeiten hervorgehoben:
Der Landtag kann nach Artikel 73 der Landesverfassung dem Ministerpräsidenten sein Misstrauen dadurch aussprechen, dass er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt (sogenanntes konstruktives Misstrauensvotum).
Der Landtag und seine Ausschüsse können nach Artikel 66 Abs. 1 der Landesverfassung die Anwesenheit jedes Mitglieds der Landesregierung verlangen (Zitierrecht), das den Abgeordneten Rede und Antwort zu stehen hat.
Die Finanzministerin hat dem Landtag zur Entlastung der Landesregierung über alle Einnahmen und Ausgaben Rechnung zu legen sowie eine Übersicht über das Vermögen und die Schulden des Landes vorzulegen.
Darüber hinaus ist der Landtag von der Landesregierung rechtzeitig über bestimmte Angelegenheiten, Planungen und Konferenzen, an denen die Landesregierung beteiligt ist, zu unterrichten. Die zuständigen Ausschüsse des Landtags können daher beispielsweise bereits vor Abschluss von Staatsverträgen und sonstigen Abkommen von erheblicher politischer Bedeutung eine Meinung auch gegenüber der Landesregierung zum Ausdruck bringen. Ebenso können sie sich auf diese Weise rechtzeitig mit bestimmten Bundesratsangelegenheiten und Angelegenheiten der Europäischen Union befassen.
Schließlich dient auch die rechtzeitige Einschaltung des Landtags bei beabsichtigten Anmeldungen der Landesregierung zu den Rahmenplänen nach Artikel 91 a des Grundgesetzes sowie bei den beabsichtigten Vereinbarungen nach Artikel 91 b des Grundgesetzes (Gemeinschaftsaufgaben) dazu, dass der Landtag seine verfassungsmäßige Kontrollfunktion wirksam und umfassend wahrnehmen kann. Diese Unterrichtungen, die teils aber auch in Gesetzen vorgesehen sind, sollen verhindern, dass der Landtag durch Entscheidungen der Exekutive präjudiziert wird. Ihm soll die Möglichkeit gegeben werden, auf die Willensbildung der Landesregierung Einfluss zu nehmen, bevor in deren Verhandlungen mit dem Bund und den anderen Ländern die Weichen für eine bestimmte Konzeption gestellt sind.
Zudem wird die Kontrolle der Landesregierung durch die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen, die Möglichkeit der Bürger Petitionen einzureichen und der Tätigkeit der Parlamentarischen Kontrollkommission gewährleistet. Die Kontrolle setzt grundsätzlich eine abgeschlossene Maßnahme der Landesregierung voraus. Einzelweisungen an die Landesregierung widersprechen dem Grundsatz der Gewaltenteilung, ebenso wie Einmischungen in gerichtliche Verfahren oder Entscheidungen des Bundes.
Parlamentarisches Fragerecht
Einen breiten Raum in der Kontrolle der Landesregierung nimmt das parlamentarische Fragerecht ein. Parlamentarische Anfragen hat die Landesregierung unverzüglich zu beantworten (Artikel 67 Abs. 1 der Landesverfassung). Durch Große Anfragen, Kleine Anfragen und Mündliche Anfragen wird von der Landesregierung in vielfältiger Weise Auskunft über Fragen begehrt, die sich auf Sachverhalte beziehen, für welche die Landesregierung dem Landtag gegenüber verantwortlich ist.
Die Großen Anfragen dienen im Wesentlichen der allgemeinen politischen Richtungskontrolle und befassen sich deshalb mit Problemen von besonderem politischen Gewicht. Sie können von einer Fraktion oder von mindestens zehn Abgeordneten eingebracht werden (§ 85 Geschäftsordnung des Landtags). Große Anfragen werden von der Landesregierung schriftlich beantwortet. Auf Antrag findet darüber in einer Sitzung des Landtags oder in öffentlicher Sitzung eines Ausschusses eine Besprechung statt.
Die Kleinen Anfragen dienen der Einzelkontrolle der Exekutive. Sie beziehen sich daher nur auf einzelne Fälle, überschaubare Fallgruppen oder einzelne Maßnahmen der Landesregierung oder der ihr unterstehenden Verwaltung. Sie können von jedem Abgeordneten schriftlich gestellt werden (§ 90 Geschäftsordnung des Landtags).
Durch Mündliche Anfragen können die Abgeordneten im Plenum, also vor der Öffentlichkeit, von der Landesregierung zu bestimmten Fragen kurzfristig Aufklärung und Stellungnahme verlangen. Mündliche Anfragen können von jedem einzelnen Abgeordneten an die Landesregierung gerichtet werden (§ 91 Geschäftsordnung des Landtags) und werden in der Fragestunde öffentlich beantwortet. Die Fragestunde findet in der Regel am Donnerstag nach der Mittagspause der Plenarsitzung und am Freitag spätestens um 14:00 Uhr statt.
Die Aktuelle Stunde dient der Diskussion politischer Tagesfragen von allgemeinem Interesse im Plenum des Landtags. Sie wurde eingeführt, um die parlamentarische Arbeit lebendiger zu gestalten und eine möglichst große Aktualität zu erreichen. Die Aktuelle Stunde kann von einer Fraktion oder von mindesten zehn Abgeordneten beantragt werden.
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Verfassung des Freistaats Thüringen
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