Gesetzgebung
Gesetzgebungsverfahren
Aufgrund ihrer Staatsqualität verfügen die Länder über eigene Befugnisse auf den Gebieten der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Rechtsprechung. Träger der Staatsgewalt ist nach Artikel 45 der Landesverfassung das Volk. Dieses übt die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch die aufgrund der Verfassung bestellten Organe aus.
Die Länder der Bundesrepublik Deutschland sind nach dem Grundgesetz, wie es das Bundesverfassungsgericht formuliert hat,
"Glieder des Bundesstaates mit eigener - wenn auch gegenständlich beschränkter - nicht vom Bunde abgeleiteter, sondern von ihm anerkannter staatlicher Hoheitsmacht".
Zuständigkeit
Nach Artikel 70 des Grundgesetzes haben die Länder das Recht zur Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse zuweist. Organ der Gesetzgebung ist nach Artikel 47 der Landesverfassung der Landtag. Die Gesetzgebung kann auch durch das Volk unmittelbar im Wege des Volksentscheides ausgeübt werden (Artikel 81 und 82 der Landesverfassung). Die Gesetzgebung des Landtags erstreckt sich demgemäß zumindest auf folgende Gebiete:
- Landesverfassungsrecht
- Verwaltungsorganisation und Verwaltungsverfahren
- Territoriale Gliederung
- Landeshaushalt
- Kultus mit dem Schul-, Hochschul- und Ausbildungswesen
- Polizei- und Ordnungsrecht
- Kommunalrecht
- Medienrecht
Zudem haben die Länder nach der sog. Abweichungsgesetzgebung die Möglichkeit, durch Gesetz von geltendem Bundesrecht abweichende Regelungen zu treffen (Artikel 72 Absatz 3 Grundgesetz). Diese Befugnis der Länder erstreckt sich auf weite Teile des Umweltrechts sowie das Recht der Hochschulzulassung und der Hochschulabschlüsse.
Darüber hinaus bestehen bundesrechtliche Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen, an deren Stelle der Freistaat Thüringen auch Gesetze erlassen kann (Artikel 80 Absatz 4 Grundgesetz). Zudem erlässt der Freistaat Thüringen Gesetze zur Anpassung und Umsetzung von unionsrechtlichen Verordnungen und Richtlinien.
Verfahren
Gesetzentwürfe können durch die Landesregierung, aus der Mitte des Landtags oder im Wege eines Volksbegehrens eingebracht werden (Artikel 81 der Landesverfassung). Gesetzesinitiativen aus der Mitte des Landtags stehen nur einer Fraktion oder mindestens zehn Abgeordneten zu.
In der Regel finden über Gesetzesvorlagen im Plenum des Landtags zwei Beratungen (Lesungen) statt. Die erste Beratung endet mit einer Abstimmung darüber, ob und ggf. welchem Ausschuss bzw. welchen Ausschüssen der Gesetzentwurf zur Detailberatung überwiesen werden soll.
In den Fachausschüssen, die grundsätzlich einmal im Monat in nicht öffentlicher Sitzung tagen, wird der Gesetzentwurf von den jeweiligen Fachpolitikern der Landtagsfraktionen im Detail erörtert. An den Beratungen nehmen der zuständige Minister oder sein Vertreter (Staatssekretär) sowie Fachbeamte des Ministeriums teil. Häufig führen die Ausschüsse dazu Anhörungen durch, um auch externen Sachverstand in die Meinungsbildung einfließen lassen zu können. Dabei werden Sachverständige, Interessenvertreter und sonstige Auskunftspersonen zu den anstehenden Fragen gehört. Bevor aufgrund eines Gesetzes allgemeine Fragen geregelt werden, die die Gemeinden und Gemeindeverbände betreffen, erhalten diese oder ihre Zusammenschlüsse grundsätzlich Gelegenheit zur Stellungnahme. Zum Abschluss einer mündlichen Anhörung erhalten die kommunalen Spitzenverbände zudem die Gelegenheit, zu allen während der Anhörung geäußerten Änderungsvorschlägen Stellung zu nehmen, soweit die Gemeinden und Gemeindeverbände durch die Änderungsvorschläge in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen sind.
Zudem kann der Ausschuss beschließen, den Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen des Online-Diskussionsforums des Landtags die Möglichkeit einzuräumen, über den Gesetzentwurf zu diskutieren. Als Ergebnis seiner Beratungen muss der (federführende) Ausschuss dem Landtag gegenüber eine Beschlussempfehlung abgeben, also empfehlen, den betreffenden Gesetzentwurf – ggf. mit bestimmten Änderungen – anzunehmen oder abzulehnen. Über diese Beschlussempfehlung wird im Ausschuss mit Mehrheit abgestimmt.
Die zweite Beratung beginnt mit der Berichterstattung durch ein Mitglied des federführenden Ausschusses. Hieran schließen sich die Besprechung und die Abstimmung an. Während der zweiten Lesung kann der Landtag die Vorlage auch an einen Ausschuss zurückverweisen. Zu den besonderen Rechten des einzelnen Abgeordneten gehört die Möglichkeit, in der zweiten Lesung Änderungsanträge zu stellen.
Eine dritte Beratung erfolgt nur bei Gesetzesentwürfen zur Änderung der Verfassung sowie bei einer erneuten oder erstmaligen Ausschussüberweisung in der zweiten Beratung.
Nach dem Schluss der letzten Aussprache im Plenum erfolgt die Abstimmung über den Gesetzesentwurf. Die Gesetzesbeschlüsse werden grundsätzlich mit der einfachen Stimmenmehrheit der anwesenden Abgeordneten gefasst; verfassungsändernde Gesetze bedürfen der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtags.
Ist ein Gesetz verfassungskonform beschlossen worden, fertigt der Präsident des Landtages dies aus und verkündet es innerhalb eines Monats im Gesetz- und Verordnungsblatt.
Download
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Flyer Gesetzgebungsverfahren
PDF 5,59 MB - ist nicht barrierefrei
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Rechtsgrundlagen
PDF 2,54 MB