Landeswappen
Das Thüringer Landeswappen
Am 10. Januar 1991 beschloss der Thüringer Landtag das Gesetz über die Hoheitszeichen Thüringens, veröffentlicht im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Thüringen Nr. 7/1991. Danach zeigt das Thüringer Landeswappen in Blau einen goldgekrönten und bewehrten, achtfach von Rot und Silber quergestreiften Löwen, umgeben von acht silbernen Sternen.
Fällt bei erster Betrachtung dieses Wappens zunächst eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Wappen des Landes Hessen auf, zeigen sich bei genauem Vergleich jedoch vier Unterschiede: Der hessische Löwe ist zehnfach quergestreift, wobei diese Streifung von oben her mit Silber beginnt, er ist ungekrönt, und auf den Schildgrund sind keine Sterne gestreut.
Welche Gründe führten dazu, dem 1990 neu entstandenen Land Thüringen ein neues Wappen zu geben, das sich einerseits von seinen Vorgängerwappen unterscheidet, andererseits an diese anknüpft und, mit dem "bunten Löwen", eine Verbindung zum hessischen Wappen besitzt? Um diese Frage zu beantworten, ist ein Blick bis zurück ins Mittelalter nötig.
Wappenschild Landgraf Konrads von Thüringen
Die Landgrafen von Thüringen aus dem Geschlecht der Ludowinger gehörten im hohen Mittelalter zu den weltlichen Reichsfürsten. In der Zeit des beginnenden Verfalls der kaiserlichen Macht sicherten sie dem Land politische Stabilität, indem sie den thüringischen Adel zur Anerkennung ihrer Oberhoheit zwangen.
Bei Landgraf Hermann I. (1190-1217) erscheint zum ersten Mal das Wappen mit dem Löwen. Farbig überliefert ist es erstmals auf dem Schild des Landgrafen Konrad († 1240).
Die Frage nach dem Ursprung der doch recht ungewöhnlichen Streifung des Löwen lässt sich nicht eindeutig beantworten. Möglicherweise sind Rot und Weiß als die Mainzer Farben zu deuten, die bei Adligen, die in enger Verbindung zum Erzbistum Mainz standen, häufig vorkommen.
Vollwappen des Wettiner Landgrafen Albrecht
Als 1247 das Geschlecht der Ludowinger im Mannesstamm erloschen war, ergriff der Wettiner Heinrich von Meißen von der Landgrafschaft, die damals auch weite Teile Nord- und Mittelhessens umfasste, Besitz. Sophie von Brabant, Tochter Landgraf Ludwigs IV. und der heiligen Elisabeth, hatte sich zunächst mit ihrem hessischen Erbteil begnügt, machte dann jedoch weitere Ansprüche in Thüringen geltend, die sie aber nicht durchsetzen konnte. Im Ergebnis des von 1247 bis 1263 währenden Erbfolgestreits kam es schließlich zur endgültigen Trennung zwischen Thüringen und Hessen, doch behielten sowohl die Wettiner als auch die hessischen Erben für ihre bereits 1248 gebildete Landgrafschaft Hessen das Wappen mit dem bunten Löwen bei. Bis 1918 blieb es in den Gesamtwappen der meisten ernestinischen Herzogtümer ebenso als Zeichen für Thüringen erhalten wie im Großen Wappen des Königreichs Sachsen.
1815 hatte Preußen von der sächsischen Krone den "Thüringer Kreis" übernommen, jenen Teil der ehemaligen Landgrafschaft, der mit der Wettiner Erbteilung von 1485 an die albertinische Linie gefallen und 1547 von Kurfürst Moritz von Sachsen in einer eigenen Verwaltungseinheit zusammengefasst worden war. Dazu kam 1866 die Einverleibung von Kurhessen und Nassau. Um diese Erwerbungen im Großen Preußischen Wappen heraldisch dokumentieren zu können, wählte man für Thüringen wie für Hessen die achtfache Streifung des Löwenwappens Konrads von Thüringen, begann sie für Hessen, analog dem großherzoglich bunten Löwen, von oben her mit Silber, für Thüringen aber mit Rot, wodurch die heraldische Abgrenzung hergestellt war.
Thüringer Wappen von 1921 – 1933
Nachdem Thüringen 1920, nach dem Ersten Weltkrieg und der Revolution, als eigenständiger Gesamtstaat entstanden war, gab sich das Land im folgenden Jahr ein neues Wappen, dessen sieben Sterne die Einzelstaaten repräsentierten, aus denen es gebildet worden war: Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Gotha, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Meiningen, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen und Reuß (aus zwei Fürstentümern fusioniert).
1933 führte die nationalsozialistische Landesregierung ein anderes Wappen ein, auf dem der im Mittelschild platzierte hessische Löwe ein Hakenkreuz in der Pfote hielt. Da das Wappen neben dem sächsischen Rautenkranz auch noch den schwarzburgischen Adler, den reußischen Löwen und die hennebergische Henne zeigte, erhielt es bald den Spitznamen „Thüringer Tiergarten“.
Thüringer Wappen Von 1945-1952
Nach seiner Wiedergründung 1945 erhielt Thüringen abermals ein neues Wappen, einen goldenen Löwen auf rotem Grund, umgeben von acht silbernen Sternen.
Der neue achte Stern stand für die ehemals preußischen Gebiete (v. a. Erfurt und Schmalkalden), die 1920 noch nicht Teil des Landes gewesen waren. Mit der Ersetzung der Länder der DDR durch Bezirke verlor auch dieses Wappen 1952 seine Gültigkeit.
Als das Land Thüringen 1990 zum dritten Mal im 20. Jahrhundert errichtet worden war, schuf man schließlich das derzeit gültige Wappen, das mit dem bunten Löwen in der Tradition einer achthundertjährigen Geschichte des Landes steht, mit seinen silbernen Sternen aber zugleich den demokratischen Überlieferungen des 20. Jahrhunderts verpflichtet ist.